Café Sehnsucht
aus: Breisschauer, Anthologie, Hrsg Anne Grießer
Freiburg ist kein Platz für Geister. Wenn im Sommer, Frühjahr oder Herbst die Touristen durch die Innenstadt flanieren, sich die Stirn wischen, weil sie die schwüle Hitze der Rheinebene nicht gewohnt sind, die Tische vor den Cafés übervoll belegt sind und die Leute am Rand schon lauern, dass jemand aufsteht und sie seinen Platz einnehmen können, dann erheitert das die einen und ärgert vielleicht die anderen, ist aber weder gespenstisch noch gruselig.
Selbst wenn sich das Wetter einmal einen Schnürlregen aus Salzburg ausleiht - was selten genug vorkommt und nach zwei, spätestens drei Tagen wieder vorbeigeht, weil Salzburg seinen berühmten Regen zurückhaben möchte - selbst dann ist es vielleicht ungemütlich und die Caféhausbesitzer und Touristenführer schimpfen, doch gruselig ist es sicher nicht. Das ist es nicht einmal im Winter. Was soll auch gruselig sein, wenn der Schnee, falls er überhaupt kommt, nach wenigen Tagen bereits wieder diese Stadt flieht, die so gar keine Kälte ausstrahlt?
»Freiburg ist nichts für Gespenster«, sagte mein Großvater immer, wenn die Großmutter uns Kindern eine Gespenstergeschichte erzählte.
»Die Gespenster haben Freiburg verlassen, aber hoch oben im Schwarzwald, da gibt es sie noch«, stimmte die Oma dann ihrem Mann zu, nur um uns Kindern aus dem dunklen Schwarzwald zu erzählen, in dem sie aufgewachsen war und oft, wenn der Schnee fiel, die paar Häuser der Siedlung, in denen ihre Eltern, meine Großeltern, wohnten, für Tage von der Außenwelt abgeschnitten, waren.
Der tote Mann heißt ein Berg hoch oben im Wald, und der tote Mann geht dort um, wenn der Wind ums Haus heult, die Flocken dicht herunterschneien und den Schnee hoch an Tür und Hausmauer weht. Meine Urgroßeltern mussten sich dann den Weg freischaufeln, wollten sie das Haus verlassen.
Das erzählte meine Oma, und weil die Wolken so voll Schnee waren, dass sie sich nicht zum Himmel heben und davon fliegen konnten, sondern tief in den Bäumen hingen, so dass man sich nicht nur freischaufeln musste, sondern auch kaum sah, wohin man ging, weil das alles so gespenstisch war, konnte der tote Mann einem dann auch am Tage begegnen.
Einmal hatte eine Gruppe Skifahrer im Dorf übernachtet.
»Damals war das neu, das Skifahren«, erklärte uns die Großmutter, »die Skier waren aus Holz und man musste sie täglich wachsen. Je nach Temperatur wählte man ein anderes Wachs und welches das geeignetste war, das war eine Wissenschaft für sich, über die sich die Skifahrer heftige Diskussionen lieferten und manchmal gerieten sie darüber in Streit.«
Die Gruppe hatte oben auf dem Speicher des Großonkels übernachtet und den ganzen Abend über nichts anderes geredet als über die Kunst, Skier richtig zu wachsen. In der Nacht fielen die Wolken voller Schnee im Ort ein, die Skifahrer saßen morgens mit der Familie des Großonkels am Tisch und frühstückten und der Onkel bot ihnen an, dass sie noch eine Nacht bleiben könnten, bei dem Wetter sei es gefährlich, der tote Mann hätte schon manchen in solchen Zeiten in die Irre geführt. Doch die Skifahrer waren modern oder glaubten es zumindest, sie nickten freundlich zu den Erzählungen des Onkels und glaubten ihm nichts. Man war ja nicht in der Arktis wie Nobile, der gerade mit seinem Versuch gescheitert war, per Zeppelin den Nordpol zu überqueren und jetzt mit seiner Besatzung im Eis festsaß. Man saß an einem gemütlichen Frühstückstisch, der Kachelofen strahlte Hitze aus, es gab bereits elektrisches Licht und fließendes Wasser und der Nordpol war weit.
Den toten Mann fürchtete die Gruppe nicht, sie hatten sogar Taschenlampen. So zogen sie los, mit Kompass und Karte, verabschiedeten sich fröhlich vor der Tür, schüttelten allen die Hand und beteuerten, dass sie wüssten, was sie taten, und der tote Mann, nun, wenn der auftauche, dann würden sie ihn fotografieren und einer aus der Gruppe hob seine Box-Kamera hoch, die wie eine Schachtel aussah und damals neu und ungeheuer modern war. Und sie würden das Foto dem Onkel schicken und dann bat der mit der Box die ganze Familie vor die Haustür, die anderen der Gruppe mussten sich mit den Skiern dazu stellen und er schoss ein Foto und sagte: »Das kriegt ihr dann zusammen mit dem vom toten Mann.«
Das Wetter wurde nicht besser und die Gruppe kam spät in der Nacht bei einer anderen Siedlung an, völlig durchfroren und ganz woanders, als wohin sie hatte fahren wollen. Zwei Skifahrer fehlten. Man fand sie erst bei der Schneeschmelze. Sie waren abgestürzt und der Schnee, der sie wohl mit sich gerissen hatte, hatte sie unter sich begraben und die Wolken hatten weiteren Schnee über sie ausgebreitet. Einer von ihnen war der Besitzer der Box und der Film konnte noch entwickelt werden. Das Foto vor der Haustür war schwarzweiß, und einen Abzug schickten die Überlebenden an meinen Großonkel. Ein Foto vom toten Mann fand sich nicht auf dem Film.
Wir Kinder fanden die Geschichte gruselig, aber wollten sie immer wieder hören. »Hier in Freiburg könnte das nicht passieren«, tröstete uns die Großmutter, mittlerweile gäbe es auch eine Bergrettung und überall im Schwarzwald Hinweisschilder und auch Box-Kameras waren längst veraltet und die Skier nicht mehr aus Holz.
Freiburg ist nicht gruselig und deshalb sind seine Monster und Gespenster, seine Geister und Dämonen längst ausgewandert und haben sich anderswo angesiedelt. Wenn es sie heute überhaupt noch gibt und wenn sie sich weiter damit beschäftigen, Menschen zu gruseln und ihnen Alpträume zu bescheren. Was man bezweifeln darf, sind doch selbst die Vampire keine Schocker mehr, sondern lassen jungen Mädchen wohlige Schauer den Rücken hinab rieseln und lösen statt Angst nur noch seufzende Sehnsucht aus.
Doch selbst Freiburg hat Tage, da könnte man meinen, die Gespenster seien zurückgekehrt.
Manchmal legt sich im Herbst oder Winter vom Rhein her dichter Nebel in das Tal zwischen Schwarzwald und Vogesen, so dicht, dass ich einmal auf einer schmalen Nebenstraße sogar die Autotür öffnete, um den Mittelstreifen zu sehen, damit ich nicht unversehens im Graben landete.
Vor zwei Jahren gab es im November noch einen solchen Tag.
Ich kam vom Bertoldsbrunnen, ging durchs Martinstor, das nicht zu verfehlen ist, da mag der Nebel noch so dicht sein, überquerte die Rempartstraße und konnte kaum die Fußgängerampel gegenüber sehen. Die Autos schlichen vorbei und ich sah die Anzeige der KGB Bar durch den Nebel leuchten und dahinter ein Café, das ich nicht kannte. Ich kenne so gut wie alle Cafés in der Innenstadt, ich bin ein Cafégänger, liebe es, dort zu sitzen, vor einem Cappuccino oder Espresso, manchmal auch einem Tee, am liebsten schwarzem, starken Assam und beobachte die Leute. Sogar ins McDonald‘s setze ich mich, obwohl man das nicht tut als gebildeter Mensch, zumindest sollte man es nicht zugeben, wenn man einen Ruf als Intellektueller zu verlieren hat.
Das Café war neu. Freiburg wechselt seine Cafés oft, das ist nichts Besonderes, ich schaue durchs Schaufenster hinein in die neuen oder renovierten Cafés und überlege, ob ich ihnen nicht einen Besuch abstatten solle.
Eigentlich wollte ich zur Pizzeria an der Dreisam gehen; es war Mittag und ich hatte Hunger. Im Caféfenster sah ich eine Frau, sie war nicht jung, entsprach auch nicht dem Schönheitsideal der Heidi Klum, aber lächelte mich spitzbübisch an, als kenne sie mich und durchschaue mich völlig. Ich gebe gerne zu, dass ich in das Alter gekommen bin, in dem das Lächeln einer Frau nostalgische Erinnerungen und väterliche Gefühle weckt - manchmal auch andere, doch darüber redet man ungern, hat man erst einmal dieses Alter erreicht.
Jedenfalls beschloss ich spontan, das Café zu betreten und Pizza Pizza sein zu lassen. Café Sehnsucht stand auf der Glastür. »Neueröffnung«, verkündete eine Tafel über der Theke und »Café Schweizer Art«. Ein Preis stand nicht darunter, aber was kann ein Kaffee schon kosten, vor allem, wenn das Café neu ist und erst einmal Kundschaft anlocken muss?
Also bestellte ich ein Kännchen und ein Croissant und schaute mich um. Neu sah die Einrichtung nicht aus. Gemütlich ja, das Holz der Garderobe, an der auch Zeitungen hingen, dunkel, als wäre es schon viele Jahre dem Licht ausgesetzt gewesen, die Stühle mit Plastiküberzug, als wären sie per Zeitreise direkt aus den Fünfzigern angeliefert worden, die Holztische blank, als hätten schon ganze Generationen von Gästen darauf ihre Ärmel gewetzt und ihre Getränke zu sich genommen. Auch die Gäste waren älter, ein Herr in der Ecke las die ‚Zeit‘, offenbar sehr gründlich und langsam, denn er blätterte nur selten um. Sein Haar war weiß und er hatte nur noch einen Haarkranz und einen ebenfalls weißen, kleinen Schnurrbart, der ihn aussehen ließ, als sei er ein emeritierter Professor. Einen Tisch weiter saß ein stämmiger Mann mit kahlrasiertem Schädel, der längst verrentet sein durfte und selbst, wenn er den Schädel nicht rasieren würde, hätte er kaum genug Haare gehabt, um einen Friseurbesuch zu rechtfertigen.
Gegenüber der Theke beim Fenster saß ein kleiner Mann mit buschigem Haar, ebenfalls weiß, der ein Musiker hätte sein können, er schrieb in eine Kladde, schaute hoch, nickte mir freundlich zu und wandte sich wieder dem Schreiben zu. Tagebuch oder Autobiografie?, überlegte ich.
Die Bedienung brachte meine Bestellung und tatsächlich gab es zum Kaffee ein zweites Kännchen mit heißer Milch, wie es in der Schweiz zum Frühstück üblich ist, in Freiburg aber findet man das selten. Was ich immer schon bedauert habe.
»Sie sind neu hier?«, fragte die Bedienung und lächelte mich wieder an. Ich nickte und sagte: »Ja« ,und einmal mehr verfluchte ich mich dafür, dass ich so gar nicht die hohe Kunst des Small Talks beherrsche. Als die unendliche Leichtigkeit des Seins verteilt wurde, habe ich wohl vergessen, »Hier« zu rufen und dieses Manko habe ich mein ganzes Leben lang bedauert.
»Lassen Sie es sich schmecken«, sagte sie schließlich und ging zur Theke zurück, hinter der sie stehenblieb und mich ab und zu anblickte. Der Blick war nicht auffordernd, er wirkte auch nicht, als sollte er einen Flirt einleiten oder mich dazu ermuntern. Eher hatte ich den Eindruck, dass sie mir Mut zusprechen wollte, so seltsam das auch klingen mag.
Wer die Sechzig überschritten hat, der besitzt nicht nur eine Lesebrille, sondern weiß auch, dass er bei Dämmerung schlechter sieht, dass er viel früher Licht braucht als zu der Zeit als junger Kerle. So wunderte es mich nicht, dass mir das Licht in dem Café mit der Zeit sehr gedämpft vorkam, so, als würde der Nebel langsam auch in das Innere vordringen.
Die anderen Gäste wurden undeutlicher, nur die Bedienung konnte ich klar und eindeutig erkennen. Der Professor wirkte jünger, gar nicht mehr emeritiert, sondern so, als wäre er gerade aus einer Vorlesung gekommen. Der untersetzte Mann war schlanker, er hielt sich stramm aufrecht und wenn ich ihn nur aus den Augenwinkeln ansah, wirkte er, als trage er eine Uniform. Der Musiker schien volles blondes Haar zu haben, das er im Genick zu einem Schwänzchen zusammengebunden hatte. Mich wunderte das nicht, wie gesagt, ich war es gewöhnt, an solchen Tagen nicht mehr genau sehen zu können, und das Licht im Café war nun einmal sehr gedämpft und draußen war es jetzt dunkel. Ich ließ meine Gedanken treiben, erfand für die anderen Gäste Lebensläufe, überlegte, was der Professor wohl während der Nazizeit getrieben hatte, ob er zu denen gehörte, die sich wie Heidegger mit der Macht verbündeten oder einer von denen war, die fliehen mussten. Vielleicht hatte er auch nur mit Missfallen die neuen Herren wahrgenommen, hatte in dem einen oder anderen Fall einem Kollegen zu helfen versucht, vergeblich natürlich, und hatte sich angepasst, mit leisem Groll, den er aber nur sehr gedämpft äußerte. Und der Untersetzte in Uniform, war er Offizier gewesen, hatte nach dem Krieg davon geredet, dass die Wehrmacht sich gegen die SS gestemmt habe, aber vergeblich?
Der Musiker, hatte er nur noch deutsche Musik gespielt, Mendelssohn Bartholdy als jüdisch verachtet, oder hatte er ihn gespielt, ein Nachbar ihn verraten und er landete im Strafbataillon?
Die Herren sahen jetzt aus, als hätten sie, wie die Möbel, eine Zeitreise hinter sich, stünden im Zenit ihrer Kraft und jeder Gedanke an das Alter sei ihnen fremd. Der Professor raschelte mit der Zeitung, die er energisch umblätterte, der Musiker schrieb wie ein Besessener und der Untersetzte rief herrisch: »Bedienung!«
Die kam hinter der Theke hervor und fragte ihn nach seinen Wünschen, er bestellte einen Grog. Dann kam sie zu mir, wieder lächelte sie mich an, als wolle sie mir Mut machen und sagte: »Sie werden zu Hause erwartet. Und wir schließen jetzt.«
Das kam mir seltsam vor, war die Behauptung, ich würde erwartet, einfach ein vorgeschobener Grund, um mich loszuwerden? Mich wunderte auch, dass die anderen noch bedient wurden. Aber ich sagte nichts, sondern fragte, was ich schuldig sei. »Nichts«, sagte sie, »das geht aufs Haus. Neueröffnung, sie verstehen?«
Ich wollte ihr wenigstens ein Trinkgeld geben und drückte ihr eine Zwei-Euro-Münze in die Hand, sie nahm sie freundlich an. Auf dem Weg zurück zur Theke drehte sie sie um und besah sie, als würde sie zum ersten Mal eine solche Münze erblicken.
Ich verließ das Café und ging nach Hause. Der Anrufbeantworter blinkte und eine Stimme teilte mir mit, dass mein Vater einen schweren Schlaganfall erlitten habe und in der Uniklinik läge.
Ich fuhr sofort hin. Er war rechtsseitig gelähmt und konnte nicht sprechen. Ich war nie mit meinem Vater warm geworden, er war, wie die meisten Väter seiner Generation, seinen Kindern gegenüber distanziert, redete nie über Persönliches und ich glaubte, dass uns Welten trennten.
In den folgenden Tagen lernte er den rechten Arm und das rechte Bein wieder zu bewegen und auch die Sprache kam zurück. Nur verstand ihn niemand.
Er wusste, was er sagen wollte, er konnte die Wörter aussprechen, aber er fand nicht die richtigen.. Das geschehe bei Schlaganfallpatienten häufiger, sagten mir die Ärzte, bei jüngeren Patienten könne man das üben, bei einem Neunzigjährigen war die Prognose wohl schlecht. Manchmal begriff er, warum man ihn nicht verstand und mühte sich verzweifelt, seine Gedanken zu äußern und die richtigen Worte zu finden, schaffte es aber äußerst selten. Manchmal begriff er es nicht, glaubte wohl, dass sich alle gegen ihn verschworen hätten, beschimpfte die Krankenschwestern und die Pfleger und warf sogar einmal das Tablett mit dem Frühstück nach mir, als ich ihm helfen wollte, ihn aber nicht verstand.
Er schlief nachts schlecht, geisterte oft in seinem Krankenzimmer herum, stürzte einmal und brach sich dabei zwei Rippen, was seinen Krankenhausaufenthalt verlängerte. Manchmal verkroch er sich in der Nacht unter dem Bett und wehrte sich vehement gegen die Schwestern, die ihm wieder heraushelfen wollten. Einmal verbarrikadierte er sein Zimmer und beschimpfte das Personal, das verzweifelt an die Tür klopfte, um ins Zimmer zu kommen. Nur mit Mühe gelang es ihnen, all das beiseitezuschieben, was er vor der Tür aufgeschichtet hatte.
Ich dachte, dass er einfach verwirrt war und sich deshalb unter dem Bett verkroch. Auch die Schwestern glaubten das. Doch ein älterer Pfleger, der sich immer wieder mühte, ihn zu verstehen, sagte mir: »Er glaubt, dass draußen Scharfschützen lauern und er Deckung suchen muss.«
Erst schien mir das absurd, dann erinnerte ich mich, wie er mir kurz vor dem Schlaganfall erzählt hatte, dass er in letzter Zeit viel träume und beim Aufwachen lange brauche, um zu begreifen, was Traum und was Wirklichkeit sei. Ich fragte, was für Träume das seien, er erwiderte kurz: »Meist vom Krieg«
Mehr sagte er nicht, das war ihm wohl zu persönlich. Er hatte so gut wie nie vom Krieg erzählt, dabei war er mehrere Jahre an der Ostfront gewesen. Manchmal erzählte er Geschichten vom Hinterland, wie sie auf Heimaturlaub fuhren und ein General sich in ihr Abteil setzten und sich daraufhin niemand mehr traute, das Abteil zu betreten, obwohl der Zug überfüllt war. Oder er erzählte von der russischen Gefangenschaft in Bessarabien, von den Melonen, die so billig waren, dass sich sogar die Gefangenen manchmal eine leisten konnten. Von der Istwestja, hinter der alle her waren, zur Verwunderung der russischen Wachen, die nicht begriffen, dass diese Zeitung besonderes Papier hatte, das sich besser auf der Toilette nutzen ließ als das aller anderen Zeitungen.
Doch er erzählte nie über seine Kriegserfahrungen von der Front. Einmal hatten mein Bruder und ich, beide voller Pfadfinderbegeisterung, vorgeschlagen, wir könnten doch in den Ferien zelten, die ganze Familie auf dem Campingplatz.
»Ich habe im Krieg Jahre im Zelt verbracht«, sagte er, das reiche ihm für den Rest seines Lebens.
Ich wusste wenig von ihm. Nach dem Schlaganfall hatte ich erstmals das Gefühl, ihm nahe zu sein, wenn ich mit ihm langsam spazieren ging und er seinen Rollator neben mir herschob. Er redete viel und ich verstand wenig davon und trotzdem fühlte ich mich mit ihm verbunden wie nie zuvor.
Ein halbes Jahr später starb er. Das Café neben der KGB Bar habe ich nie wieder entdecken können.